Wir sind begeistert», schwärmt Evelyne Barmettler. Zusammen mit Petra Bättig und Conny Hess lancierte die Emmetterin die Idee eines Nidwaldner Koffermarkts vor fünf Jahren. Gleich 60 Stände können die Frauen am vergangenen Sonntag bei der vierten Ausgabe im Ennetbürger Herdern-Areal anbieten. Und dabei gibt es gar noch eine Warteliste. Dies zeigt eindrücklich, welch grossem Bedürfnis ein solcher Koffermarkt entspricht.

Und so funktioniert die Idee: Frauen und Männer, die zumeist in ihrer Freizeit Ideen verwirklichen, mannigfaltige Sachen basteln, häkeln, töpfern und backen, packen diese in wunderschön verzierte, vielfarbige Koffer und reisen damit an. Im Schiessstand, im Zunfthaus oder dem Kaffeegädeli öffnen sie dann ihre Koffer und präsentieren den Inhalt – lauter farbige Kostbarkeiten – Hunderten erstaunten Besuchern. «Bei der Auswahl der Aussteller achten wir besonders auf eine hohe Qualität und auf ein vielfältiges Angebot», versichert Evelyne Barmettler.

Lavendel und gebrannte Mandeln

Als Besucher hat man seine liebe Mühe, all die Eindrücke, die man da vermittelt bekommt, zu sammeln. Da steht etwa die Stanser Detailhandels-Fachfrau Patricia Widmer vor ihrem Koffer. Seit ihrer Ausbildung zur Bäuerin fertigt sie geschmackvoll verzierte Säcklein mit heilbringendem Inhalt wie Farn, Lavendel oder «Chriesistei» an. Edith Aschwanden aus Seelisberg schaut sich die Säcklein an, greift dann kurz entschlossen zu. «So ein Kirschkernkissen kann man für Verstauchungen, Prellungen und Rückenschmerzen brauchen», findet sie.

Aus dem Staunen kaum heraus kommt man am Stand von Eveline Gysi aus Emmetten. Die Frau frischt alte Glas- und Kristallschüsseln oder auch Silberplatten aus Grossmutters Zeiten auf, macht sie mit kleinen Veränderungen wie neu. «Für meine Arbeit brauche ich sogar einen Diamantbohrer», erklärt sie voller Stolz.

Gleich neben ihr bieten die kleinsten «Koffermärktlerinnen» ihre Basteleien feil: die Erstklässlerin Chiara aus Oberdorf und die Kindergärtlerin Anja aus Beckenried. «Zuerst haben wir Säcklein genäht, und dann Lavendel oder gebrannte Mandeln drein getan, das schmeckt so gut», sagt Anja. Und Chiara ergänzt: «Wir verkaufen auch Kerzengläslein, die wir mit Leimfarben bemalt und mit Blättern verziert haben.» Über den Absatz können sich die beiden nicht beklagen. Ihre Preise sind aber auch moderat: Selbergebastelte Karten gibt es gar schon ab einem Franken. Edith Pfister ist aus Lufingen im Kanton Zürich angereist. Vor ihr Dutzende Gartenzwerge aus Beton mit lustigen, farbigen Mützen. Was dann wirklich erstaunt: Vor ihrem Koffer steht Regina Rast aus Sursee. Und die erzählt: «Wegen dieser Zwerge bin ich heute nach Nidwalden gefahren, weil sich mein Gottenkind präzis so einen zu Weihnachten wünscht.»

Kinder sorgen für Grossandrang

Apropos märchenhafte Fabelwesen: Grossandrang gibt es auch vor dem Koffer der beiden Emmetter Autorinnen Daniela Gröbli und Renate Stäheli-Gröbli. Vor allem Kinder stehen da, zusammen mit dem Steinzwerg Goldi, der sich mutig vom Fluch der Kohltalhexen befreit. Inzwischen haben Pascal Odermatt und seine Schwester Jasmin am Stand nebenan einen höchst witzigen Spruch entdeckt. Auf einem Holzschild steht, mit dem Hinweis auf eine daran befestigte Mausefalle, schön eingraviert: «Bei Stromausfall hier klingeln, wir hören Sie dann schon.»

Die Organisatorinnen zeigten sich mehr als zufrieden mit dem Anlass. Evelyne Barmettler bilanziert: «Wir haben weit über 1000 Besucher gezählt und auch die Verkäufer waren meines Wissens mit den Einkünften sehr zufrieden.» Eines steht für Evelyne Barmettler und ihre Helferinnen bereits jetzt fest: Einem fünften Nidwalder Koffermarkt 2019 – wenn möglich wieder im November – steht nichts im Wege. Finanzielle Gewinne werden übrigens mit diesem Anlass kaum gemacht.

Koffer bringen Überraschendes hervor

ENNETBÜRGEN ⋅ Zahlreiche Besucher liessen sich den ersten Nidwaldner Koffermarkt nicht entgehen. Es offenbarten sich ihnen teils wahre Schätze.



Carina Odermatt


Richtig vollgepackt sind nicht nur die Koffer der Verkäufer, sondern auch die Räumlichkeiten des Schiessstandes Herdern und des Zunfthauses in Ennetbürgen. In Scharen laufen Jung und Alt durch die Verkaufsstandreihen, mit leuchtenden Augen betrachten sie die Schätze aus den Koffern. 68 Handwerker haben sich am Sonntag einen Stand ergattert, das sind weit mehr, als man zu Beginn erwartet hatte.


Der erste Koffermarkt in Nidwalden begeistert Verkäufer und Besucher gleichermassen. Mit Herzblut wurden Karten, Accessoires, Kerzen, Kleidungsstücke oder Weihnachtsartikel in Handarbeit hergestellt, die nun – schön präsentiert – angeboten werden.


Doch nicht nur bei den Produkten selber wurde Hand angelegt: «Diesen Koffer habe ich extra für den Koffermarkt gebaut», erklärt Taylan Güçlü stolz. Der Sarner verkauft Zahnbürstenhalter, Spielzeug und Sparkassen aus Holz, die seine Frau gefertigt hat. Die farbigen Tiere und Trickfilmfiguren ziehen gleich die Aufmerksamkeit der jungen Besucher auf sich. Eines nach dem anderen findet ein neues Zuhause.


Karten für einen guten Zweck

Auch Daniela Wiederkehr aus Triengen ist mit dem Verkauf ihrer selbst gestrickten Taschen zufrieden. «Dies ist ein neues Projekt von mir, mit dem ich nun zum ersten Mal an einem Markt teilnehme. Ich habe aber schon weitere Pläne im Kopf», verrät sie und schwärmt: «Handarbeit ist ein grosses Hobby von mir. Stricken ist für mich eine meditative Angelegenheit.» Für die Henkel ihrer Taschen verwendet sie Kletterseil. Das hat gleich zwei Vorteile: Zum einen sind die Taschen dank den rutschfesten Seilen angenehm zu tragen und zum anderen tut sie mit deren Wiederverwendung etwas Gutes für die Umwelt. Selbst der Innenstoff der Taschen besteht meist aus alten Kleidern und Nachtvorhängen. Auch Maya Gander aus Oberdorf will Gutes tun. Sie spendet einen Franken pro verkaufte Karte an die Weihnachtsaktion unserer Zeitung.


Verkäufer aus ganzer Zentralschweiz

«Der Markt wäre zuerst nur für Nid- und Obwaldner Verkäufer gedacht gewesen», sagt Evelyne Barmettler, die zusammen mit Monika Kessler das OK des Koffermarktes bildet. «Das haben wir dann aber gelockert, sodass jetzt Gegenstände aus der ganzen Zentralschweiz verkauft werden.» Die Produkte müssen jedoch selber hergestellt sein und in den mitgebrachten Koffer passen. Letzteres wird offensichtlich nicht ganz eingehalten, doch wo genügend Platz sei, dürfe aufgefüllt werden, meint Evelyne Barmettler.


Eine waschechte Nidwaldnerin ist Connie Würsch aus Emmetten. Nähen und Stricken gehört seit zehn Jahren zu ihren Hobbys. «Die Hanteln stricke ich jeweils während des Fussballtrainings meiner Tochter, das ist ein guter Zeitvertreib», lacht sie. Diesen Sommer hat sie ausserdem mit einer Freundin begonnen, Scherenschnittbilder in selbst bemalten Rahmen zu verkaufen. Derweil bietet der Bürer Strahler Christian Scheuber seine dem Gestein abgetrotzten Schätze an.


Evelyne Barmettler und Monika Kessler ziehen eine positive Bilanz: «Wie viele Besucher gekommen sind, können wir nicht sagen. Es war aber zu jeder Zeit etwas los, das hat unsere Erwartungen übertroffen.»


Ob nächstes Jahr ein zweiter Koffermarkt stattfinden wird, ist noch unklar. Die Nachfrage scheint auf jeden Fall vorhanden.